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Selbstgenutzte Immobilie steuerfrei verkaufen- Wann liegt (keine) Selbstnutzung vor?

FG Düsseldorf: Überlassung der Wohnung an Eltern keine "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken"

Nach § 23 EStG kann eine private Immobilie jederzeit nach Ablauf von 10 Jahren steuerfrei veräußert werden. Bei ausschließlicher Selbstnutzung seit Anschaffung oder Herstellung oder im Veräußerungsjahr und den beiden vorangegangenen Jahren entfällt diese Frist und es kann jederzeit steuerfrei veräußert werden.

FG Düsseldorf: Bei Überlassung an Mutter liegt keine Selbstnutzung vor.

Im Einzelnen führt das Finanzgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 02.03.2023, Az. 14 K 1525/19 E,F dazu aus:

Nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG werden Wirtschaftsgüter von der Besteuerung als private Veräußerungsgeschäfte ausgenommen, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Der Begriff der „Nutzung zu Wohnzwecken“ umschreibt einen durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises gekennzeichneten Lebenssachverhalt (BFH, Urteil vom 1. März 2021 IX R 27/19, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 272, 393, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2021, 680). Den Begriff der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ hat der BFH entsprechend dem Zweck der Ausnahmeregelung, die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes (z.B. wegen eines Arbeitsplatzwechsels) zu vermeiden (BT-Drucks. 14/265, S. 181), weit ausgelegt. Danach setzt das Merkmal der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen dauerhaft geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird (BFH, Beschluss vom 28. Mai 2002 IX B 208/01, Sammlung der nicht amtlich veröffentlichten Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2002, 1284; BFH, Urteil vom 18. Januar 2006 IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936). Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen. Unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt (BFH, Urteil vom 24. Mai 2022 IX R 28/21, BFH/NV 2023, 20 m.w.N.; so auch die Verwaltungsauffassung, siehe BMF, Schreiben vom 05. Oktober 2000, BStBl I 2000, 1383, Rz. 22).

 

Keine Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken“ liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen (BFH, Urteil vom 27. Juni 2017 IX R 37/16, BFHE 258, 490, BStBl II 2017, 1192 Rn. 12; BFH, Urteil vom 1. März 2021 IX R 27/19, BFHE 272, 393, BStBl II 2021, 680 Rn. 14).


Hingegen ist eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken - wie im Anwendungsbereich des § 10e EStG und des § 4 EigZulG - zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige Teile einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung oder die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur teilweisen oder alleinigen Nutzung überlässt. Die Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigentümer in diesem Fall als eigene zuzurechnen, weil es ihm im Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung obliegt, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen (BFH, Urteil vom 18. Januar 2011 X R 13/10, BFH/NV 2011, 974, Rn 14, zu § 10f Abs. 1 EStG; BFH, Urteil vom 21. Mai 2019 IX R 6/18, BFH/NV 2019, 1227, Rn. 18; BFH, Urteil vom 24. Mai 2022 IX R 28/21, BFH/NV 2023, 20 Rn. 17). Überlässt der Steuerpflichtige die Wohnung nicht ausschließlich einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind (oder mehreren einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kindern) unentgeltlich zur Nutzung, sondern zugleich einem Dritten, liegt nach der aktuellen Rechtsprechung des BFH keine begünstigte Nutzung des Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken vor (BFH, Urteil vom 24. Mai 2022 IX R 28/21, BFH/NV 2023, 20; dazu auch schon Hessisches FG, Urteil vom 30. September 2015, 1 K 1654/14, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2016, 201; FG München, Urteil vom 11. März 2021, 11 K 2405/19, EFG 2021, 1625; FG Münster, Urteil vom 19. Mai 2022, 8 K 19/20 E, EFG 2022, 1207).

(...)

Danach wird eine vom Steuerpflichtigen zu Unterhaltszwecken unentgeltlich bereitgestellte Wohnung dann nicht mehr i.S. des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG (mittelbar) zu „eigenen Wohnzwecken“ (des Steuerpflichtigen) genutzt, wenn die Immobilie neben einem einkommensteuerlich nach § 32 EStG zu berücksichtigenden Kind auch anderen - gegebenenfalls auch aufgrund bürgerlich-rechtlicher Vorschriften unterhaltsberechtigten - Angehörigen überlassen wird. Vor diesem Hintergrund führt auch die (Mit-)Nutzung durch ein weiteres, wegen seines Alters nicht (mehr) nach § 32 EStG einkommensteuerlich zu berücksichtigendes Kind dazu, dass die Wohnung insgesamt nicht mehr als zu eigenen Wohnzwecken des Steuerpflichtigen genutzt anzusehen ist (BFH, Urteil vom 21. Mai 2019 IX R 6/18, BFH/NV 2019, 1227, Rn. 23; BFH, Urteil vom 24. Mai 2022 IX R 28/21, BFH/NV 2023, 20).


In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich im Streitfall Folgendes:

Die Kläger haben die Wohnung in Z-Stadt nicht selbst genutzt. Nach allgemeiner Auffassung genügen insofern bloße Aufenthalte zu Besuchszwecken nicht (vgl. nur BFH, Beschluss vom 29. Mai 2018 IX B 106/17, BFH/NV 2018, 951). Die Eigengestaltung der Haushaltsführung oblag weiter der Mutter der Klägerin, nicht den Klägern als ihren Besuchern.
 

Es folgen weitere ausführliche Begründungen, warum ein zu berücksichtigende Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht vorliegt.

Im Ergebnis wird die Steuerfreiheit abgelehnt. Damit ist aber ggfs das letzt wort noch nicht gesprochen. Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen. Die weiterre Entwicklung bleibt abzuwarten.

Das vollständige Urteil kann man hier nachlesen.